15. Dezember 2009

Ein Zu-Fall

Auf dem Rückweg von einem Termin in der Frankfurter Innenstadt sah ich am Eingang des Parkhauses einen Mann stehen, der die Obdachlosenzeitung anbot und um eine Spende bat. Ich war sehr in Eile und dachte mir auch, dass ich noch mindestens fünf Euro für die (überteuerten!) Parkgebühren brauchen würde. Ich nickte dem Mann deshalb nur freundlich zu und zuckte mit einem bedauernden Lächeln die Schultern. Im Weitergehen fiel mir Swamiji ein und auch, dass immer Sonntags eine kleine Gruppe aus dem Bhakti Marga Zentrum nach Frankfurt fährt, um dort die Obdachlosen auf der Straße zu unterstützen – und ich fühlte mich schlecht, weil ich vorbeihastete … aber „ich war ja in Eile“! Als ich dann vor dem Parkautomaten stand um mein Ticket zu bezahlen, sah ich am Boden einen leicht zusammengeknüllten Fünf-Euro-Schein liegen. Weit und breit war niemand zu sehen, dem der Schein hätte gehören können. So steckte ich ihn ein, obwohl mir sofort der Gedanke kam, das Geld dem Mann mit den Obdachlosenzeitungen zu geben. Auf dem Weg zu meinem Auto hatte ich ständig den Satz im Kopf: „Jedes Mal, wenn Du an diesem Kassenautomaten stehen wirst, dann wirst Du daran denken, dass Du das Geld nicht einem Bedürftigen gegeben hast“! … aber „ich war ja in Eile“! Ich fuhr los und musste nach kurzer Fahrt feststellen, dass ich direkt auf eine Sperre zufuhr. Statt in Richtung Ausfahrt war ich in die Gegenrichtung gefahren und musste wenden, um aus dem Parkhaus herausfahren zu können. Wieder kam mir Swamiji in den Sinn und der Gedanke, dass ich das Geld nicht einem Bedürftigen gegeben hatte, wurde so intensiv, dass ich schließlich mein Auto wieder einparkte, den Weg zurückrannte und dem Mann mit den Obdachlosenzeitungen den Fünf-Euro-Schein in die Hand gab. Er schaute mir direkt in die Augen und sagte mit fremdländischem Akzent: „Bist Du Christ“? In meiner (scheinbaren) Eile brauchte es wohl eine ganze Reihe von deutlichen Hinweisen, bis ich mich daran erinnerte!
 Sibylle