Paartha schreibt:
Tag 9, Freitag, 30. Mai 2014
Am Freitagmorgen verliessen wir Naino Devi um unsere Pilgerreise in Richtung Mansa Tempel und Chandigath fortzusetzen. Gerade als es anfing sehr heiss zu werden, als die Sonne hervorkam, erfüllte Donnergrollen die Luft und innerhalb von ein paar wenigen Minuten goss es wie aus Kübeln und die Temperatur wurde wieder erträglich.
Unterwegs hielten wir in Anandpur Sahib (Heilige Stadt der Glückseligkeit), der „Geburtsstätte“ des Sikhismus, so wie er der heutigen Welt bekannt ist.
Der Guru Dwara (“Tür zu Gott/Guru”, ein Sikh Tempel) sieht sehr beeindruckend und schön aus. Am Eingang mussten diejenigen, welchen keinen Turban trugen (alle in unserer Gruppe…..) ein kleines Tuch auf den Kopf legen um diesen zu bedecken. Dies ist die einzige Bedingung, um einen Guru Dwara betreten zu können.
Wir stiegen die Stufen hoch, betraten den Tempel und machten Parikrama (circumambulation) beim Guru Grant Sahib (dem heiligen Buch der Sikhs), die heiligste Stelle im Tempel. Beim Guru Grant Sahib sass ein Mann der daraus las, während drei andere Männer Kirtan sangen. Im Tempel drin waren Guru Gobindh‘s Waffen mit denen er gegen die Mogule gekämpft hatte, wie auch das Schwert, das ihm von Jwala Mata geschenkt worden war. Dann setzten wir uns für etwa 10 Minuten nieder. Die Stimmung hier war sehr friedlich und Ehrfurcht gebietend. Gurpreet erzählte uns später mehr über die Geschichte der Sikh Religion und diesen Tempel.
Er sagte, dass der Begründer des Sikhismus Guru Nanak Dev sei. Während des 17. Jahrhunderts waren die Mogule vom Nordwesten her in Indien eingedrungen. In der Folge versuchten sie auch den Sikhs ihre Religion aufzuzwingen. Guru Teg Bahadur und drei seiner nächsten Anhänger widersetzen sich der Bekehrung, worauf sie gefoltert und getötet wurden.
Nach viel Leid das die Sikh Menschen erdulden mussten ging der nächste Guru, Guru Gobind Singh, auf eine Pilgerreise nach Jwala Devi (Göttliche Mutter in der Form einer Flamme, siehe früherer Bericht). Dort bekam er Darshan von Jwala Mata und sie wies ihn an, dass die Zeit gekommen sei zu den Waffen zu greifen um Sanatana Dharma (Hinduismus) gegen die Invasoren zu verteidigen. Sie übergab ihm ein Schwert und wies ihn an, eine neue Kriegerklasse innerhalb des Sikhismus zu gründen.
Kurz darauf wurden Guru Gobind Singh’s Kinder gefangen genommen. Sie wurden vor den Mogul geführt. Erhobenen Hauptes traten sie vor und sagten, dass sie nie ihren Glauben aufgeben würden. In der Folge wurden sie alle lebendig begraben. Während sie begraben wurden sagte man ihnen, dass das einzige was sie tun müssten sei, den Islam als die einzig wahre Religion anzuerkennen. Doch sie blieben standfest, auch das jüngste Kind, ein Knabe von vier Jahren, und sie wurden alle getötet.
Als er von Jwala Devi zurückkam, versammelte er alle seine Krieger und er bat um einen Freiwilligen, der seinen Kopf für die Sache opfere. Schliesslich trat ein Mann vor. Er führte ihn in sein Zelt und als er wieder heraustrat hielt er dessen Kopf in der Hand und zeigte ihn allen. Er sagte, dass er noch einen weiteren Freiwilligen brauche. Wieder trat ein Mann vor und dieses Mal trat er mit zwei Köpfen in der Hand aus dem Zelt. Das ging so weiter, bis er fünf Köpfe hatte. Als er wieder in sein Zelt ging und dann nach einigen Minuten wieder heraustrat, waren die fünf Männer mit ihm, welche ihre Köpfe wieder trugen, als sei nichts geschehen. Diese fünf Männer wurden die Anführer von fünf Gruppen von Kriegern. Sie werden als “Panj Piaras”, betrachten, die fünf geliebten Schüler des Guru. Zusammen gelang es ihnen die Bekehrung vom Hinduismus zum Islam zu stoppen und die Hindu- und Sikh Traditionen zu beschützen.
Die Sikhs werden in ihrer eigenen Sprache (Punjabi), Khalsa genannt. Guru Gobind Singh wies sie an, fünf Dinge zu tragen die mit dem Buchstaben „K“ beginnen um sie so als Sikhs zu erkennen: Kes (langes Haar) Kanga (kleiner Kamm um die Haare zusammenzuhalten), Kada (Armreif, welcher Mut symbolisiert) Kirpan (Schwert, um die Schwachen zu beschützen), Kacha (langes Unterkleid, Keuschheit symbolisierend).
Guruji sagte, dass alle zehn Gurus des Sikhismus (Guru Gobind Singh war der letzte) Inkarnationen des ersten, Guru Nanak gewesen seien. Guru Gobind Singh wies dann die Sikhs an, dass das einzige, was die Sikhs nach ihm anbeten sollten, Guru Granth sei, ihr Heiliges Buch. Deshalb trifft man in Sikh Tempel keine Götterbilder an, nicht einmal ein Bild des Guru.
Ausserhalb des Tempels ist der Akal Takht (ein langer Speer) welcher das Symbol der Sikhs ist zu sehen.
Wir setzten unsere Busfahrt fort und erreichten schliesslich den Mansa Devi Tempel. Mansa Devi ist besonders bekannt dafür, dass sie Wünsche erfüllt (Manas = Wunsch) und dass sie die Vorfahren befreit. Der Tempel steht an der Stelle, wo Sati’s Kopf hingefallen ist.
Die ganze Geschichte des Tempels und von Mansa Devi ist recht lang und mit einem Heiligen mit Namen Zart Karu verbunden. In jenen Tagen führte Janmejaya ein großes Schlangen- „Sarpa satra“, eine Opferhandlung, durch, die alle lebenden Schlangen zerstören würde. Janmejaya hegte einen tiefen Groll gegen Schlangen, da sein Vater Parikshit von einer Schlange gebissen worden war und daran starb (nach dem Fluch eines Weisen). Dies führte zu einem dramatischen Rückgang der Schlangenpopulation in der ganzen Welt und die Schlangen standen vor dem Aussterben. Auf die Nachfrage der Götter sprach Brahma zu ihnen, dass nur wenn ein Heiliger mit Namen Zart Karu, welcher der einzige verbliebene Nachkomme der Schlangenrasse sei einen Sohn zeugen würde, ihre Rasse verschont würde, denn nur Zart Karus Sohn wäre fähig das Schlangenopfer auf der Erde zu stoppen. Der Schlangenkönig Vasuki versprach, dass er seine Schwester Zart Kuru zur Frau geben würde, so dass sie einen Sohn von ihm gebären könne.
Zart Karu wanderte zu jener Zeit auf der Erde voll in spirituellen Streben. Er machte strenges Tapasya (Busse) um spirituelle Kraft und Einsicht zu erlangen. Eines Tages kam er an einem Baum vorbei an dem er mit seinem spirituellen Auge einige Vorfahren an einem Ast hängen sah, kopfüber über einem Teich und sie drohten jeden Augenblick hineinzufallen. Er fühlte sofort Mitleid mit ihnen und sagte, dass er die Früchte seiner ganzen spirituellen Leistungen/Kräfte hingeben würde um sie zu retten. Er fragte nach, wer sie seien und sie sagten, dass sie die Vorfahren der Schlangenrasse seien und da niemand auf der Erde da sei um für ihr Wohl zu sorgen, seien sie verloren. Sie sagten, dass keine spirituelle Kraft ihnen helfen könne, nur wenn ihre Vansh-Parampara (Abstammungslinie) aufrecht erhalten werde, könnten sie von ihrem Schicksal, in die Hölle zu fallen verschont werden. Sie sagten, dass es nur einen in der ganzen Familienlinie gäbe und der sei nutzlos, da er ein bekannter Sadhu mit Namen Zart Karu geworden sei, der gierig nach spiritueller Praxis sei. Sie sagten ihm, dass wenn er Zart Karu treffen sollte, er ihm von ihrem Schicksal sagen und ihn bitten solle, ihnen zu helfen. Als er das gehört hatte wurde Zart Karu traurig und mit würgender Stimme sagte er zu ihnen: „Ihr seid meine Väter und Vorväter. Ich bin euer gezeugter Sohn Zart Karu.“ Er war einverstanden zu heiraten und einen Sohn zu haben unter der Bedingung dass er nicht die Last auf sich nehmen müsse, für ihren Unterhalt zu sorgen.
Der Schlangenkönig Vasuki gab Zart Karu seine Schwester zur Frau und war einverstanden, dass er für sie sorgen werde auch nach der Heirat. Die beiden heirateten und Vasuki’s Schwester brachte ein göttliches Kind zur Welt mit Namen Astik. Der Knabe wurde am Hof des Schlangenkönigs Vasuki mit grosser Fürsorge aufgezogen. Er konnte schliesslich Janmejaya überzeugen, das Schlangenopfer einzustellen und Frieden wurde so wieder hergestellt. In dieser Weise hatte also Vasuki’s Schwester die Wünsche der Schlangen erfüllt und wurde damit berühmt als Mansa Devi, Erfüllerin von Wünschen.
Nach dem Besuch des Tempels von Mansa Devi und Ihrem Darshan gingen wir noch etwas weiter hinauf und besuchten einen andern Tempel der dort gebaut worden war. Guruji war von dessen Schönheit sehr beeindruckt. Um den Tempel herum hatte es große Bäume. Einer davon war ein Bilvabaum, bekannt für seine dreiblättrigen Blätter, welche Lord Shiva sehr lieb waren. Wir setzten uns dort für eine Weile nieder um etwas auszuruhen.
Darshan von Mansa Devi über Guruji’s Schultern…
Zurück im Bus setzten wir unsere Reise Richtung Chandigath fort. Im Aussenbezirk von Chandigath gibt es eine Stelle, welche “Chandi Mandir” heißt, dort hielten wir mit dem Bus an.
Es begann bereits einzudunkeln. Wir stiegen aus dem Bus aus und mussten als erstes die Bahngeleise überqueren. Gerade dahinter war der Tempel von Chandi (Kali).
Es war an diesem Ort wo Chandi, als Sie den Dämon Mahishasur bekämpfte, so in Rage geriet, dass Sie von niemandem mehr gestoppt werden konnte. Shiva Shankar legte sich Ihr in den Weg, um Sie aufzuhalten. Als Sie ihn dort liegen sah, war Sie so erstaunt, dass Sie in Ihrer Überraschung Ihre Zunge herausstreckte und anfing, sich zu beruhigen. In einigen Erzählungen heißt es, dass Shiva dort als Baby lag und als Sie das Baby gesehen habe, Ihre mütterlichen Gefühle erwacht seien, Sie sich beruhigt und das Baby in Ihre Arme genommen und ihm die Brust gegeben habe.
Seither ist Ma Chandi dort in Form eines Pindi. Als die Pandavas im Exil waren, mussten sie während eines ganzen Jahres völlig inkognito leben aus einer Abmachung aus einem Würfelspiel heraus. Während dieser Zeit entdeckten sie das versteckte Bild von Chandi Devi in den Wäldern und begannen es zu verehren und Tapasya auszuüben. Ma Chandi war mit ihnen zufrieden und gewährte ihnen den Segen des Sieges und rüstete sie mit Waffen aus.
Die Pujarini (Priesterin) gab jedem von uns viel Prasad und dann gingen wir zum Bus zurück.