Ostindien mit Swami, November 2012, Teil 3
Nachdem wir um etwa 7 Uhr morgens in Bhod Gaya angekommen waren, gingen wir direkt ins Hotel. Nach einem reichlichen Frühstück fielen wir alle halbtot ins Bett – und wir hatten Glück, die Betten waren sehr gut und komfortabel. Das Hotel war ganz neu, so neu, dass noch nicht einmal ein Internetzugang vorhanden war, außer im Büro des Hoteldirektors, von wo aus ich den letzten Bericht gesendet habe, auch war der dritte Stock immer noch ein Bauplatz. Um etwa zwei Uhr nachmittags trafen wir uns alle wieder und nach dem Essen gingen wir in die Stadt. Dort besuchten wir die wichtigste buddhistische Pilgerstätte: Die Stelle, wo Buddha Erleuchtung erlangte. Dort steht ein riesiger Tempel und dahinter ist der Banyanbaum unter welchem Buddha saß, als er erleuchtet wurde. Der ganze Tempelkomplex war von einer ruhigen, heiteren Stimmung erfüllt. Es waren keine Priester im Tempel, die Puja machten und es war recht verschieden von den Hindutempel, die manchmal eher an Marktplätze erinnern, mit gierigen Priestern, die Geld erwarten. Wir saßen für etwa eine halbe Stunde mit Guruji unter dem Baum, zusammen mit anderen, hauptsächlich aus asiatischen Ländern stammenden Pilgern.
Nach der Meditation machten wir noch einige Einkäufe und fuhren dann mit dem Bus zu unserer nächsten Station, Vishnu Padam, wo es einen Fußabdruck von Vishnu gibt. Weil der Bus nicht in die engen Straßen einfahren konnte, legten wir das letzte Stück zu Fuß zurück. Das Sanktum des Tempels ist rund, mit einem großen Stein auf dem Boden, auf welchem der Fußabdruck von Vishnu ist. Die Puja wird in der Art ausgeführt, dass die Devotees eine Gabe geben, Tulsiblätter und Blumen auf den Stein rund um den Fußabdruck legen. Der Priester legt dann ein weißes Tuch auf den Fuß (der Fuß ist rot angemalt) und auf dem Tuch erscheint dann der Fußabdruck von Vishnu. Das Tuch wird dann dem Devotee zurückgegeben, der es nach Hause mitnehmen kann.
Am nächsten Morgen reisten wir um 10 Uhr ab und nahmen die Straße nach Varanasi. Die Fahrt dauerte etwa 5 Stunden. Wir wurden im Bus wieder mit Lunchpaketen verpflegt. Endlich kamen wir dann in Varanasi an. Bevor man in die Stadt einfährt, wird man mit sehr viel Armut links und rechts der Straße konfrontiert, die einen Menschen leben in primitivsten Verschlägen, andere ohne ein Dach über dem Kopf auf dem nackten Boden. In der Nähe des Ganges mussten wir den Bus verlassen und zu Fuß weitergehen bis zum Boot. Die „Altstadt“ von Varanasi ist entlang des Ganges erbaut und kann mit dem Bus nicht erreicht werden. Während der Bootsfahrt bekamen wir einen ersten Eindruck der heiligen Stadt von Varanasi, die auch unter den Namen Kashi oder Benares bekannt war. Die Stadt ist Lord Shiva und seiner Frau Parvati geweiht. Viele Hindus kommen vor ihrem Tod hierher um dann hier kremiert zu werden, denn die Atmosphäre ist sehr heilig. Man kann die Auswirkung der vielen Heiligen spüren, die diesen Ort gesegnet haben. Nach etwa 20minütiger Bootsfahrt erreichten wir „Rana Mahal Ghat“, wo unser Gästehaus war. Die „Ghats“ sind die Stufen, welche von der Stadt hinunter zum Ganges führen, wo die Menschen in den Fluss steigen um in das Wasser einzutauchen. Wir nahmen den umgekehrten Weg, vom Boot hinauf zu unserem Gästehaus, das den Namen „Palast auf den Stufen“ trägt.
Auch wenn es von außen keinem Palast mehr ähnlich sieht, drinnen ist es doch noch recht schön. Guruji fand heraus, dass es von der königlichen Familie Ranaprakab Singh gebaut worden war, welche mit Meerabai Devi, einer berühmten Heiligen, verschwägert war. Wir bezogen unsere Zimmer. Swami erhielt eines der runden „Eckzimmer“ mit einer wunderbaren Aussicht auf den Ganges. Gleich nach dem Zimmerbezug gingen wir wieder hinunter zum Ganges und machten eine kurze Bootsfahrt zu den Hauptstufen. Dort wurde gerade das Aarti für Mutter Ganga gemacht, wie jeden Abend. Es wird von etwa 12 Priestern ausgeführt und jeder macht sein eigenes, während viele Devotees sich zusammenfinden und Bhajans singen oder tanzen zu Ehren von Ma Ganga. Wenn das Aarti fertig ist, entzünden alle Menschen die von den Booten aus zuschauen, ein kleines Butterlämpchen, das auf einem kleinen Körbchen mit Blumen liegt und übergeben es Ganga. Es war ein wundervoller Anblick, all die kleinen Lichter, die auf dem Fluss schwammen. Zurück am Ufer waren stiegen wir wieder die Treppen hinauf und schlenderten durch die schmalen Straßen. Es gibt viele kleine Läden wo man fast alles kaufen kann. Plötzlich bogen wir in eine Art kurzer Seitenstraße ein. Am Ende befand sich eine große Türe auf welcher stand: Sribendu Lahiri. Wir betraten einen wunderschönen Innenhof. In diesem waren zwei Mandirs. Einer war Shyamacharan Lahiri (Lahiri Mahasaya), dessen Sohn Tinkori Lahiri und Enkel Satyacharan Lahiri gewidmet, der andere Mahavatar Babaji. Der Tempel der von Lahiris Urenkel gebaut worden war, enthält die Asche von allen dreien. Es war eine wundervolle, von Frieden erfüllte Atmosphäre und wir saßen mit Swami dort für eine Meditation. Dann zeigte uns die Person, welche diesen Ort umsorgt, das Original der berühmten Fotografie von Lahiri Mahasaya. Als wir zurück im Gästehaus waren, fanden wir heraus, dass dieses Lahiris Ashram gewesen war und dass das Zimmer, das Swami wählte, Lahiris Meditiationsraum war.
Das feine Nachtessen nahmen wir auf der Terrasse des Gästehauses ein. Das Restaurant ist eingegittert, dies um zu verhindern, dass die Affen sich am Essen „bedienen“. Das Hotelpersonal führte uns auch noch auf das Dach, das ein wundervoller Platz für Meditation ist Sicht auf den Ganges hat.
Am nächsten Morgen starteten wir sehr früh, schon um 6 Uhr, um eine Bootsfahrt auf dem Fluss zu machen. Auf diese Weise erhielt jedermann, der noch nie dort gewesen war, einen ersten Eindruck von der Stadt. Neben den Händlern, die per Boot kommen um ihre Ware zu verkaufen (auf der Foto sind DVD- und CD-Verkäufer) begegneten wir auch einigen asiatischen Pilgern, denen unsere Bhajangesänge so gefielen, dass sie sogar anfingen, auf ihrem Boot zu tanzen.
Nach dem Frühstück gingen wir zum allerwichtigsten Tempel in Varanasi: Dem Kashi Vishwanath. Er ist ein Shivatempel, der einen der 12 Jyotir Lingams Indiens enthält. Wir konnten ihn in Gruppen von je 10 Personen betreten. Zuerst mussten wir unsere Pässe registrieren lassen, denn es werden wegen der Spannungen zwischen den Hindu- und den Muslimgemeinschaften keine Muslime in den Tempel gelassen. In der Vergangenheit war der Tempel zerstört und eine Moschee gebaut worden. Heute steht der Tempel direkt neben der Moschee. Das Dach ist mit 900kg reinem Gold überzogen, das von einem Maharaja vor längerer Zeit gestiftet worden war. Es hat eine recht große Polizei- und Militärpräsenz im Tempelbereich. Europäer sind normalerweise nicht zugelassen, außer in Ausnahmefällen, wenn sie der Hindu Tradition folgen. Wir jedoch erhielten Zutritt. Wir hatten nur einen kurzen Darshan vor dem Lingam, da sehr viele Menschen versuchten, sich durchzudrängen. Aber es war ausgesprochen schön, diesen besonderen Platz zu sehen und auch zu spüren. Fotografieren ist absolut verboten. Nach dem Vishwanath streiften wir durch Varanasi und besuchten noch einige andere Tempel. Einer davon war der Ashram von Shri Satuwa Baba wo wir sehr herzlich empfangen wurden und die Brahmacharis uns Tee anboten. Der Nachmittag war frei (die erste „Freizeit“ auf dieser Reise) und die meisten nutzen diese Gelegenheit für Shopping. Einige gingen am Abend noch zum Aarti.
Am nächsten Morgen brachen wir um 10 Uhr auf. Zuerst besuchten wir einen kleinen Ashram in der Nähe. Leider erinnere ich mich nicht mehr an den Namen des Heiligen, der diesen Ashram gegründet hatte, doch er ist ein recht berühmter Vishnu Heiliger. Einer der Brahmacharis führte uns durch den Ashram. Wir sangen einige Bhajans in diesem Tempel und Swami wurde mit einem persönlichen Schal dieses Heiligen beschenkt. Sie sagten, dass dieser der erste in unserer Zeit gewesen sei, welcher das Mahamantra „Hare Krishna Hare Krishna, Krishna Krishna Hare Hare, Hare Ram Hare Ram, Ram Ram Hare Hare“ verbreitete, sogar noch vor Srila Prabhupad
Als nächstes stand der „Kashi Dham, Shakha Ashram“ auf unserem Programm, eines weiteren lokalen Heiligen und dann gingen wir zu einem kleinen Tempel, der das Haus war, wo Ramakrishna wohnte, als er Varanasi besuchte. Er wohnte in diesem Raum für 3 Monate und machte dort regelmäßig Puja auf einem Saligram. Die Großenkelin des Mannes, der Ramakrishna damals beherbergte, hieß uns herzlich willkommen und zeigte uns die Padukas die Ramakrishna trug, während er dort wohnte.
Nachdem wir diesen Ort verlassen hatten gingen wir zu Krim Kund. Das ist der Ort, wo Aghoracharya Baba Kina Ram sein Aghora Sadhana praktizierte und die Kinarami Aghor Tradition einführte. Baba Kina Ram erhielt seine Anweisungen direkt von einer Manifestation des großen Dattatreya (eine Manifestation von Brahma, Vishnu und Shiva zusammen). Baba Kinaram (1563-1714) ließ die Aghora Tradition, welche früher schon bestanden hatte, wieder aufleben. Es heißt, dass sie auf Shiva selbst zurückgehe und von Dattatreya verbreitet worden sei. Eine der Bedeutungen von Aghora ist: A & Ghora: Ghora = „Schwierigkeit“, A = „nicht“. Deshalb heißt es, dass dies der Weg sei, der nicht schwierig, sondern leicht ist, eine vereinfachte Anbetung. Aghoris glauben nicht an irgendwelche „Formalitäten“. Im Krim Kund hatten Guruji und einige von uns ein sehr nettes und lustiges Gespräch mit einem Aghori für fast eine Stunde. Er erklärte uns sehr viel über ihre Tradition. Es heißt, dass ein wahrer Aghori sich weder mit Asche einreiben, noch vorgeben müsse, verrückt zu sein, noch müsse er seine Spiritualität in irgend einer Art zur Schau stellen, sondern einfach und „normal“ gegenüber Außen sein, während sein Inneres jedoch vor Liebe für das Göttliche brennt. Er sagte, dass sie (der Tempel) keine Spenden, weder von der Regierung noch von Fremden annehme, um unabhängig zu bleiben. Ich sagte ihm darauf, dass meine Spende von 50 Rupien im Tempel vorhin angenommen worden sei, worauf er lachte und sagte, dass er mir sogar eine Spende von 1‘000 Rupien geben könnte, worauf ich ihm erwiderte, ich könnte ihm 1500 Rupien zurückgeben… Er sagte weiter, dass er die Macht habe, alles hervorzubringen, was er benötige für sich und er niemanden brauche, der für ihn sorgen müsse, sonders dass die Natur für ihn sorge. Der einzige, an den sie wirklich glauben, ist ihr Guru. Sogar die Götter sind zweitrangig, denn sie können nur durch die Gnade des Gurus erreicht werden. Dies erinnerte uns wieder an die höchste Wichtigkeit des Sadgurus. Es erinnerte mich auch an Vijaya Krishna Goswami (einen Vaishnava Heiligen von Bengalen) der über Ramakrishna sagte, dass wegen dessen Zugänglichkeit die Menschen seine Größe und Wichtigkeit nicht erkannt hätten. Hätte er im Himalaya gelebt, wäre er von den Menschen mehr geschätzt worden. Und wieder dachte ich an unseren Guru und wie er nur darauf wartet, dass wir ernsthaft nach Gott trachten, uns nach ihm sehnen, nichts mehr anderes wollen, so dass er seine Gnade in uns fließen lassen kann.
Nach dieser erfrischenden und lustigen Diskussion gingen wir weiter und erreichten nach etwa 5 Minuten den Ashram von Ananda Moy Ma. Der Mandir war geschlossen, so setzen wir uns einfach für eine Zeitlang zur Meditation nieder.
Später nahmen wir dann ein Boot zu einem anderen Ghat. Dort besuchten wir Trailanga Swami Math. Trailanga Swami (oder Telang Swami) ist vermutlich der berühmteste Heilige von Varanasi. Er wurde etwa 280 Jahre alt, andere sagen, er sei über 300 Jahre alt geworden. Er ging immer nackt umher, unschuldig wie ein Kind, kümmerte sich um nichts im Außen. Ramakrishna nannte ihn den „wandelnden Shiva von Varanasi“. In seinem Kloster zu sitzen, wo er seine Verehrung darbrachte, ist sehr, sehr schön. Es gibt einen riesigen Lingam von dem es heißt, dass Trailang Swami ihn selber vom Fluss zum Tempel getragen habe, eine Aufgabe, die nur für jemanden möglich war, der die Schwerkraft aufheben konnte. Nur schon beim Berühren konnte man dessen Kraft und Heiligkeit spüren. Telang Swami führte auch ein HariHara ein, eine Murthi aus halb Krishna, halb Shiva, wovon es nur zwei gibt in ganz Indien. Neben dieser Murthi stellte er auch ein Bild von Kali auf. Bevor er in Mahasamadi ging, bat er seine Jünger, ihm einen großen (denn er war sehr groß) hölzernen Sarg zu bauen. Als er starb, legten sie ihn da hinein. Und als sie den Sarg einige Tage später öffneten, erblickten sie anstelle des toten Körpers lauter wohlriechende Blumen. Es gibt Menschen, auch heute noch, die sagen, dass sie ihn am Ufer des Ganges gesehen hätten…..
Nachdem wir Trailanga Swamis Kloster verlassen hatten, nahmen wir wieder das Boot und kehrten gerade rechtzeitig zurück um am Aarti teilzunehmen. Swami bekam einen besonderen Platz, gerade neben den Sängern.
Ich weiß nicht, ob es noch mehr Berichte gibt, den am 14. fliegen wir bereits wieder zurück nach Kolkota und von dort dann zurück nach Europa.
(Danke, Werner, fürs schnelle übersetzen!)