10. Juli 2009

Swami Vishwanandas Allwissenheit

Es war Ende September 2003. Ich war auf dem Weg nachSüdindien. Ein runder Geburtstag eines großen Mahatmas wurde gefeiert, mehrere spirituell Suchende hatten sich für den Küchendienst gemeldet, und auch ich gehörte dazu: Gemüse putzen, Zwiebeln schälen etc. Auf diesem Flug erzählte mir ein junger Mann von Swami Vishwananda. Interessiert hörte ich zu, konnte mir aber kein richtiges Bild von Ihm machen. Der junge Mann berichtete, dass Swami Vishwananda materialisieren könne, Lingams hervorbringt und auch sonst alles vollbringt, was einen Avatar auszeichnet. Doch die Arbeit und das Erlebnis dieses fünfzigsten Geburtstags ließen dieses Gespräch in Vergessenheit geraten. Im Januar 2004 erhielt ich ein E-Mail mit Fotos von SwamiVishwananda – Fotos, die man immer wieder anschauen konnte – makellos in ihrer Ausstrahlung. Doch das war nicht alles: Mir wurde ein Einzelinterviewtermin mit Swamiji in der Schweiz angeboten, ich müsste nur noch zusagen. Ich versuchte, meine Entscheidung so lange wie möglich hinauszuzögern, da ich mir noch nicht sicher war, ob ich Ihm begegnen wollte, doch der Termin wurde ohne mein Wissen fürmich vereinbart: für April 2004. In der Zwischenzeit war ich wieder auf dem Weg nach Indien, in das Land, das mich geprägt hat mit den unbeschreiblichen Erfahrungen, Erkenntnissen und Begegnungen, die ich dort machen durfte – und das seit bereits mehr als fünfzehn Jahren. Beglückt kam ich im April nach Deutschland zurück. Wäre da nicht der Anruf gewesen, der mich an den Interviewtermin mit Swami Vishwananda erinnerte, wäre ich heute um vieles ärmer. Irgendwie wollte ich nicht schon wieder verreisen – gerade erst physisch angekommen, geistig aber immer noch in all die indischen Erlebnisse verwoben. War ich überhaupt genügend aufnahmefähig für solch eine Begegnung?
Eine besondere Energie machte sich aber stark in mir und gab mir die Kraft morgens in einen Zug einzusteigen, der nach Basel fuhr. Für diese Reise war von denen, die mit mir reisten und wie ich Einzelinterviewtermine mit Swamiji hatten, alles für mich organisiert worden. Die Zugfahrt verlief sehr schweigsam, jeder ging so seinen Gedanken nach, ich hörte Musik. In Basel sollten uns Freunde abholen. Wir suchten sie auf dem Bahnhof – ohne Erfolg. Die Zeit raste dahin, und der Interviewtermin kam immer näher. Ich war außer mir, konnte es nicht fassen, dass sie uns nicht benachrichtigt hatten. Das Schlimmste war für mich, zu einem Heiligen zu spät zu kommen. Wenn ich auf Ihn warten müsste, wäre das für mich völlig in Ordnung, nicht aber umgekehrt – und schon gar nicht, wenn es sich um die erste Begegnung handelt. Ich ließ meinem Unmut freien Lauf und schimpfte über die Freunde, dass sie eine derartige Auffassung einem Heiligen gegenüber hätten. Per Handy erreichten wir endlich die Freunde, die sich keine Gedanken darüber machten, ob sie zu spät kämen oder wie ich mich fühlen würde. Sie hingen in einem Stau fest ... Ich beschloss – koste es, was es wolle – ein Taxi zu nehmen, um so bald als möglich den Ort zu erreichen, wo wir erwartet wurden. Die Zeit lief – und dreißig Minuten Fahrt waren es allemal. Im Taxi betete ich schon um Vergebung – mir war das so unangenehm, es erschien mir so ignorant, so respektlosSwamiji Vishwananda gegenüber – ja es war mir peinlich, zu spät zu kommen. Den Taxifahrer bat ich, so schnell wie möglich zu fahren.
Vier Minuten später als im Zeitplan vorgesehen, kamen wir an. Abgehetzt, aufgeregt und vom Winde verweht, so wollte ich Swamiji Vishwananda eigentlich nicht begegnen, doch leider ließ es sich nicht vermeiden. Wir rannten die Treppe rauf, standen abgehetzt und aufgelöst im Flur, die Tür ging auf und Swamiji sagte: „Who is the next“ – eine bessere punktgenaue Inszenierung hätte es nicht sein können. Atemlos schaute ich Ihn an, mit Schweißperlen auf der Stirn, und ehe es mir bewusst wurde, verschwand ich – so, wie ich war – mit Ihm hinter der Tür, die Er gerade geöffnet hatte. Das hatte ich mir alles ganz anders vorgestellt – aber Gott führt eben anders Regie, als ich es tun würde. Ich versuchte tief durchzuatmen, unauffällig tupfte ich mir rasch ein paar Schweißperlen von der Stirn, wollte mich entschuldigen – für unsere Verspätung und die Aufregung, die mein Herz zum Klopfen und für die wirbelnde Energie, die ich mit in den Raum brachte ...
Aber dazu kam ich erst gar nicht ... Er sagte: „Ich weiß, was am Bahnhof war, ich weiß ...“ Irgendwelche göttlichen Tropfen der Beruhigung musste Er in meine Aura geträufelt haben, denn ich war plötzlich ruhig wie ein stiller See. Ich schaute Ihn nur an – Ihn – die Allwissenheit – ich verlor mich in Seinen Augen – es gab keinen Gedanken mehr – nichts ... und das zehn Minuten lang ... Für diese Begegnung gibt es keine Worte. Nur Gedanken an eines: Ich muss Ihn wieder sehen, ich muss Ihn wieder sehen….
Das gilt immer noch, auch fünf Jahre später.
C.B.